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Der Fortschritt der Technologien muss das Thema dieses Parks sein. Gespräch mit Bernd Dallmann

2018-07-02 13:30 Ökopark

Am 27. und 28. Juni 2018 fand die diesjährige Tagung des Internationalen Beratergremiums des Deutsch-Chinesischen Ökoparks statt. Am Rande der Tagung die Berater für Interviews zur Verfügung, die in den kommenden Tagen an dieser Stelle dokumentiert werden.

Heute: Bernd Dallmann, früherer Geschäftsführer der Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH

 

Herr Dallmann, die Tagung des Beratergremiums des Deutsch-Chinesischen Ökoparks ist gerade beendet worden. Wie fällt Ihre erste Bilanz aus?

Es war eine sehr diskussionsreiche Tagung mit einem fruchtbaren Austausch. Wichtig ist ja, miteinander zu sprechen, um zu kreativen neuen Ideen zu gelangen. Das war dieses Mal der Fall.


Welche zum Beispiel?

Dass wir alle gesehen haben, wie wichtig es ist, das Profil des Parks zu schärfen. Wir stehen mit vielen anderen Ökoparks in China im Wettbewerb. Es geht darum, die Nummer 1 unter den Ökoparks zu werden, und das vor allem durch ein klares ökologisches Profil.


Das hatten Sie gestern auch auf der Tagung sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Womit unterscheidet sich der Deutsch-Chinesische Ökopark von anderen Industriegebieten in erster Linie?

Er ist bereits gewachsen. Er hat eine klare Struktur, in der Arbeiten und Wohnen miteinander verschmelzen. Er hat es geschafft, entscheidende Themen zu integrieren – Bildung beispielsweise. Hier entstehen beziehungsweise gibt es bereits Universitäten, Einrichtungen für berufliche Ausbildung, Schulen, Kindergärten. Und aus der Sicht zweier Kulturnationen – sowohl Deutschland als auch China sind Kulturnationen – ist das besonders Schöne, dass der Kultur Raum gegeben wird.


Herr Dallmann, wie in diesem Jahr haben Sie auch bei den vergangenen Tagungen des Beratergremiums die Bedeutung betont, auf die deutschen Wurzeln nicht nur des Ökoparks, sondern auch Qingdaos zu verweisen. Wie wichtig ist es aber – auch mit Blick auf künftige Investoren –, dass hier nicht nur ein deutsches, sondern ein internationale Umfeld entsteht?

Das ist ein ganz entscheidender Punkt. Die Namensgebung weist da ein wenig in eine falsche Richtung: Es ist der Deutsch-Chinesische Ökopark, in Anlehnung an die Geschichte. Sich auf die europäische Geschichte Qingdaos zu beziehen, ist selbstverständlich gut und richtig. Wir können uns aber nicht nur auf ein Land beschränken und müssen dem Namen des Parks eigentlich das Wort „international“ hinzufügen. Ansonsten könnte der Eindruck entstehen, es sei ein bi-nationaler Park. Nein. Es muss ein internationales Gewerbegebiet sein – mit unterschiedlichen Wirtschaftsclustern.


Welche Cluster sollten aus Ihrer Sicht vor allem entwickelt werden?

Das ergibt sich im Laufe der industriellen Entwicklung. Werden Cluster ob für Medizintechnik oder für Biotechnologie oder für IT aufgebaut, ist immer wieder zu beobachten, dass sich Technologien überholen. War es früher 2.0-, dann 3.0- und jetzt 4.0-Technologie wird es demnächst um 5.0 gehen. So schnell lassen sich die Cluster gar nicht anpassen. Das heißt, wir müssen immer an Spitze der Entwicklung sein. Das heißt aber auch automatisch, immer neue und immer andere Technologien anzusiedeln. Wichtig wäre aus meiner Sicht, zwei Dinge in den Vordergrund zu stellen: Erstens, dass Ökologie und Nachhaltigkeit als ständiger Faktor immer Bedeutung haben. Die Natur darf nie in den Hintergrund rücken, sie muss stets gewahrt werden. Und das Zweite wird mit dem Wort „smart“ umschrieben, was nichts anderes bedeutet, als die Entwicklung an der Spitze mitzubestimmen. Es geht weniger um einzelne Technologien. Vielmehr ist der „Fortschritt der Technologien“ das Thema dieses Parks.


Auf der Tagung des Beratergremiums wurde das Modell der Deutsch-Chinesischen Zukunftsstadt präsentiert, die hier im Ökopark in den kommenden Jahren entstehen soll. Wie realistisch ist diese Vision?

Das ist durchaus eine beachtliche intellektuelle Leistung. Aber: Wir wollen keine bi-nationale Stadt, wir wollen eine internationale, eine offene Stadt, in der viele Kulturen nebeneinander existieren. Offenheit macht doch unsere Kulturen aus, die deutsche wie die chinesische. Toleranz gegenüber anderen Kulturen zu entwickeln, darum geht es in erster Linie. Es mag viele Modelle geben, aber das wahre Leben zeichnet sich durch die Werte Kultur, Toleranz und eben auch Nachhaltigkeit aus.


Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie daraus für eine bessere Vermarktung des Ökoparks in Europa?

Für die Vermarktung in Europa ist der Verweis auf die Geschichte gut, auf die europäischen geschichtlichen Wurzeln Qingdaos, auf die europäische Architektur. Aber es muss auch um Infrastruktur und um Verkehr gehen. Es muss gezeigt werden, dass Qingdao eine optimale Verkehrsanbindung hat. Der Hafen, der Flugverkehr mit neuem Airport sind für die Erreichbarkeit entscheidend. Aber – das kann ich nicht oft genug betonen – der dauerhafteste Wert ist die Ökologie. Der Ökopark an sich, der ganz oben steht. Erst dann kommen die Unternehmen. Dabei gilt es bei der künftigen Ansiedlungsstrategie zu beachten, dass viele Unternehmen gar nicht unbedingt aus Europa kommen müssen. Sie sind bereits in China. Es wird darum gehen, sie aus anderen Teilen des Landes nach Qingdao zu bringen.


Wie können diese Unternehmen überzeugt werden? Traditionell sind deutsche Firmen im Jangtsedelta angesiedelt, auch im Perlflussdelta. Freilich steigen dort die Kosten, es wird über einen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften geklagt. Mit welchen weiteren Argumenten kann ein Unternehmen überzeugt werden, sich nach Qingdao zu orientieren?


Mit der Lebensqualität. Das ist ein ganz wichtiger Faktor, der nicht nur für die Ansiedlung von Unternehmen entscheidend ist. Jedes Unternehmen braucht qualifizierte Mitarbeiter. Qualifizierte Mitarbeiter siedeln sich gewöhnlich dort an, wo sie gute Bedingungen haben, gute Luft, attraktive Möglichkeiten für Erholung und gute Bildungseinrichtungen für ihren Nachwuchs – Kindergärten, Schulen, Universitäten. Sind diese Bedingungen, die alle Teil des Begriffs Nachhaltigkeit sind, optimal, sind die wichtigsten Voraussetzungen für die Ansiedlung eines Unternehmens geschaffen. Denn Mitarbeiter kommen dorthin, wo sie diese Voraussetzungen vorfinden. Land, Grundstücke gibt es in China überall. Die Randbedingungen müssen stimmen. Ja, dazu gehört auch die Erreichbarkeit, aber insbesondere sind es Luft, Wasser und Möglichkeiten für die Erziehung der Kinder.


Herr Dallmann, vor einem Jahr haben Sie gesagt: „Hier ist ein Wunder vollbracht worden.“ Was ist dieses „Wunder“?

Das Wunder ist, dass auf einem unbekannten Fleckchen Erde, für den sich die Öffentlichkeit kaum interessiert hat, eine großartige Idee konsequent verfolgt wurde. Ohne auf die Kosten zu schauen, ist hier mit einem langfristigen ideologischen Ansatz etwas entstanden, das weltweit seinesgleichen sucht.

Mit Bernd Dallmann sprach Peter Tichauer

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