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Es gibt Kontinente von Kooperationsmöglichkeiten – Gespräch mit Jürgen Krogmann

2019-03-29 14:38 Ökopark

Nach drei Jahren war Oldenburgs Oberbürgermeister Jürgen Krogmann am 28. März erneut im Deutsch-Chinesischen Ökopark zu Besuch. Die Zusammenarbeit mit Qingdao sei für Oldenburg eine der vitalsten mit einer Kommune im Ausland, sagt der Bürgermeister, der eine Vielzahl von Kooperationsmöglichkeiten zwischen beiden Städten sieht. Es sei ein Geben und Nehmen, eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe, so Jürgen Krogmann im Interview.


© Wang Chaolu


Herr Krogmann, seit drei Jahren unterhält Oldenburg mit Qingdao und dem Deutsch-Chinesischen Ökopark im Besonderen partnerschaftliche Beziehungen. Was zeichnet diese Partnerschaft aus?

In den drei Jahren hat sich eine sehr vitale Kooperation entwickelt. Oldenburg hat mit einer ganzen Reihe von Regionen partnerschaftliche Beziehungen. Die Zusammenarbeit die sich mit China und insbesondere mit dem Deutsch-Chinesischen Ökopark entwickelt hat, ist aber eine ganz besonders enge, die sich auch sehr stark über die handelnden Personen definiert. Wenn Sie am Flughafen ankommen und am Gate bekannte Gesichter sehen, dann ist dies wie ein Nach-Hause-Kommen.


Das ist die – nicht zu unterschätzende – persönliche Ebene. Aber der Ökopark ist auch und vor allem eine Wirtschaftseinheit. Ihre Stadt ebenso. Welchen konkreten wirtschaftlichen Nutzen sehen Sie in der Zusammenarbeit?

China ist die kommende Wirtschaftsmacht der Welt mit einer gewaltigen Dynamik. Für den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Oldenburg ist es einfach ein Muss, hier präsent zu sein, Kontakte zu pflegen und sich als potenzieller Partner gut aufzustellen und bekannt zu machen. Dafür bietet uns der Deutsch-Chinesische Ökopark ideale Möglichkeiten.

Und unsere chinesischen Partner können aus meiner Sicht davon profitieren, dass Themen wie Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Ökologie, die hier noch nicht so lange im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen, bei uns schon sehr lange das Handeln bestimmen. Da können wir Oldenburger sicherlich in der einen oder anderen Frage Impulse geben. Aber – das gehört auch zum ganzen Bild – China holt beim Umweltschutz mit großen Schritten auf. Wir sind nicht die Lehrmeister, sondern stehen für einen Austausch auf Augenhöhe.


Gibt es auch etwas, das Oldenburg von China lernen kann?

Durchaus. Wichtiger noch ist, dass wir uns ergänzen können. Nehmen Sie zum Beispiel das Genforschungszentrum BGI, das wir heute besucht haben und sich mit Genomdatenbanken zur biomarinen Diversität beschäftigt. Bei uns in Oldenburg siedelt sich das Helmholz-Institut an, das ebenso im Bereich der biomarinen Diversität forschen wird, wobei anders als hier der Schwerpunkt nicht in der Genforschung liegen wird. Da können sich beide Seiten ideal ergänzen, gerade weil Deutschland aufgrund sehr strikter ethischer Einschränkungen in der Genforschung international längst abgehängt ist.

Darüber hinaus sehe ich Möglichkeiten in der Informatik und vor allem auch bei der Anwendung der künstlichen Intelligenz.


Informatik, künstliche Intelligenz – das sind Bereiche, in denen in Deutschland die Vorbehalte gegen eine Zusammenarbeit mit China eher zu- als abnehmen.

Gut, es muss genau ausgelotet werden, in welchen Bereichen wir zusammenarbeiten wollen und in welchen nicht. Mit einer kompletten Verweigerungshaltung gegenüber einer Zusammenarbeit mit China bei Entwicklung und Einsatz neuer Technologien wird sich Deutschland selbst aber keinen Gefallen tun.

Wir werden aber sicherlich auch nicht all unsere Ideale über Bord werfen können. Beide Seiten müssen ausloten, was möglich ist und wie sie aufeinander zugehen können.

Deswegen finde ich es auch so faszinierend, dass hier im Ökopark das Thema Urheberrechtsschutz eine so hohe Bedeutung hat und ein eigenes Schiedsgericht gegründet wurde, das sich ausschließlich Fragen des Schutzes geistigen Eigentums widmet.

Wir müssen Wege finden, dass sich unsere beiden Kulturen, unsere beiden Geschäftskulturen weiter annähern, anstatt die Zusammenarbeit in Frage zu stellen.


© Wang Chaolu | Zhu Tieyi, Präsident des Verwaltungskomitees des Deutsch-Chinesischen Ökoparks, (2. v.l.) empfängt Oldenburgs Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (3. v.l.) am Passivhaus im Deutsch-Chinesischen Ökopark.


Sie haben gerade mit Ihren Partnern hier im Deutsch-Chinesischen Ökopark den Vertrag über die Oldenburg-Repräsentanz in Qingdao für weitere drei Jahre verlängert. Welchen Beitrag kann die Repräsentanz leisten, dass sich die Kulturen unserer beiden Länder weiter aufeinander zubewegen? Denn im Moment entsteht ja angesichts der europäischen Diskussionen über die künftige Gestaltung der Beziehungen zu China eher der Eindruck, dass sie sich mehr auseinanderbewegen.

Vielleicht hat Europa im Moment zu viel mit sich selbst zu tun. Da fällt es schwer, sich global weiter zu öffnen. Doch wir Europäer müssen langsam vom hohen Ross kommen. Wir sind nicht mehr diejenigen, die in der Welt den Ton angeben. Deshalb müssen wir uns weiter öffnen, gleichzeitig aber auch unsere Werte hochhalten.

Grundsätzlich bin ich aber überzeugt, dass die Kontakte zwischen unseren Ländern immer intensiver werden. Schauen Sie sich nur an, wie viele Chinesen nach Europa reisen. Der chinesische Generalkonsul in Hamburg hat mir von einigen Millionen Chinesen erzählt, die auf gepackten Koffern sitzen, um in Europa ihren Urlaub zu verbringen. Das ist ein gewaltiges Potenzial für unsere Tourismusindustrie. Andererseits müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass Menschen zu uns kommen, auf die wir uns einstellen müssen.


Welche konkreten Erwartungen haben Sie aber an das Büro mit Blick auf die Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Oldenburg und Qingdao?

Das Büro und Liu Xiaoyan, die Leiterin, sind so etwas wie ein „Drachenkopf“, wie es die Chinesen ausdrücken würden. Es ist das Scharnier zwischen Oldenburg und Qingdao, das es uns letzten Endes möglich macht, aus den offiziellen Verträgen konkrete Projekte zu entwickeln. Akteure beider Seiten an einen Tisch zu bringen, damit sie gemeinsame Vorhaben nicht nur diskutieren, sondern auch in Angriff nehmen, das ist eine wichtige Aufgabe dieses Büros. Wir müssen miteinander reden und die Ohren spitzen, was der eine benötigt und der andere möglicherweise beitragen kann. Daraus ergeben sich Projekte.


Was wäre ein solches Vorhaben, das beide Seiten kurzfristig angehen könnten?

Lassen Sie mich noch einmal die Frage des besseren gegenseitigen Verstehens aufgreifen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass jungen Mitarbeitern aus unserer Verwaltung die Möglichkeit geboten wird, hier einige Wochen zu arbeiten. Was kann wertvoller sein als ein intensiver Austausch zwischen den Menschen?

In der beruflichen Qualifizierung sehe ich zudem kurzfristig gute Möglichkeiten für mehr Zusammenarbeit. Bei der dualen Ausbildung nach deutschem Vorbild oder beim Einsatz digitaler Unterrichtsmodule in der Ausbildung. Das haben ja heute das BFE TIB GmbH, die einzige deutsche Meisterschule für das Elektrohandwerk, und die hiesige Deutsch-Chinesische Berufsschule vereinbart.

Es gibt Kontinente von Möglichkeiten für Kooperationen. Je besser wir uns kennen, desto mehr Projekte lassen sich finden.


Herr Krogmann, nach drei Jahren sind Sie zum zweiten Mal im Deutsch-Chinesischen Ökopark. Welchen Eindruck haben Sie?

Ich bin fasziniert. Vor drei Jahren war vieles noch Plan, noch im Bau, nur weniges schon fertig. Die ersten Wohnviertel beispielsweise. Ich war damals auch in einer Schule, und der „Grüne Pavillon“, in dem damals unsere Oldenburg-Ausstellung stattfand, stand auch schon. Gerade wenn ich mit deutschen Augen die Entwicklung der vergangenen Jahre sehe, muss ich Respekt zollen. Das Tempo der Veränderungen ist beeindruckend. In nur drei Jahren ist hier ein funktionierender Bezirk aus dem Boden gewachsen – mit tollen Grünanlagen. Vor drei Jahren habe ich mich noch gefragt, was eigentlich das Grüne am Ökopark ist. Heute ist es klar. Ich glaube, das wird hier ein toller Stadtteil. Und wenn er auch noch wirtschaftlich funktioniert – umso besser.


Mit Jürgen Krogmann sprach Peter Tichauer

Verwaltungskomitee des Deutsch-Chinesichen Ökoparks Qingdao No.2877, Tuanjie Lu, West Coast New Area, 266426 Qingdao, China ©2018 Deutsch-Chinesischer Ökopark Qingdao.