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Wir stehen bereit – Interview mit Carl-Julius Cronenberg

2019-07-24 09:41 Ökopark

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Carl-Julius Cronenberg: Wir können umfangreiches Fachwissen rund um die Tür einbringen, um gemeinsam Normen klug zu setzen und damit die Qualität des Bauens weiter zu erhöhen.



Wenn chinesische Wohnungseigentümer mit Nachdruck hochwertige Türen fordern, ist die Athmer oHG mit ihrer Tochtergesellschaft Qingdao Sophienhammer Hardware Co., Ltd. gut aufgestellt, so der Geschäftsführende Gesellschafter Carl-Julius Cronenberg. Anfang Juli hat er die 2016 in Qingdao gegründete Niederlassung für die Produktion von Türdichtungssystemen besucht. Sein Unternehmen sei auch bereit, bei der Entwicklung von chinesischen Normen für Türdichtungen mitzuwirken, sagt er im Interview.

 

Herr Cronenberg, 2016 haben Sie Ihre Niederlassung im Deutsch-Chinesischen Ökopark eingeweiht. Wie hat sich aus Ihrer Sicht der Ökopark seitdem verändert?

Im Herbst 2015 waren wir das erste Mal hier und haben selbstverständlich auch die Modelle gesehen und von den Plänen gehört, die hier für die Entwicklung geschmiedet wurden. Ich gebe gern zu, dass ich damals so bei mir gedacht habe: „Naja, das ist sehr sportlich.“ Heute muss ich feststellen: Hier wurde wirklich umgesetzt, was geplant wurde. Und das in so einer kurzen Zeit. Wer wie ich sehr häufig in Berlin ist und sieht, wie dort Infrastruktur gebaut wird, den beeindrucken das Tempo und die Konsequenz umso mehr, mit der hier im Ökopark die Beschlüsse zur Entwicklung umgesetzt werden.


Als Sie 2016 Ihre Tochtergesellschaft hier gegründet haben, wollten Sie die Entwicklung langsam angehen und das Geschäft schrittweise auf- und ausbauen. Nun haben Sie ja gerade das Tempo geschildert, das Sie erleben. Müssen Sie mit Ihrer Tochtergesellschaft jetzt an Tempo zulegen?

Naja, wer so schnell baut, wie es die Kollegen in China tun, der achtet noch nicht so stark auf Details, die eine Tür zu einer wirklich guten Tür machen – beispielsweise als Schall-, Rauch- oder Brandschutztür. Sowohl in Deutschland als auch in all unseren Exportmärkten haben wir die Erfahrung gemacht, dass es dauert, ehe sich unsere Produkte durchsetzen. Nicht weil unsere Produkte im Vergleich zu Angeboten des Wettbewerbs Nachteile haben, sondern ganz einfach, weil sie nicht bekannt sind und oft auch nicht durch Normen unterstützt werden.

So sind wir Deutsche der Auffassung, eine Wohnungseingangstür sollte schallgeschützt sein. Eine Schulzimmer- oder Krankenhaustür ebenso. Diese Bauvorschrift gibt es in China noch nicht. Aber ich gehe fest davon aus, dass hier die Ansprüche an das Wohnen und die Arbeitsplatzqualität steigen werden und es künftig entsprechende Normen geben wird. Dann sind wir da. Im Prinzip war genau das unsere Absicht, als wir 2016 entschieden hatten, hier das Werk aufzubauen.


Als Modellprojekt für eine nachhaltige Urbanisierung setzt sich der Ökopark auch die Aufgabe, Normen zu entwickeln. Werden Unternehmen wie Ihres in diese Entwicklung einbezogen? Oder anders gefragt: Wäre es für Sie wünschenswert, dass Ihre Erfahrungen in die Entwicklung der lokalen Baunormen einfließen?

Das ist in jedem Fall sinnvoll und selbstverständlich wünschenswert. Ich hatte die Gelegenheit, mich mit Vizepräsident Xu Haijie auszutauschen, der mir versichert hat, dass deutsche Technologie hochgeschätzt wird, auch beim Bauen. Wir haben eine hohe Branchenexpertise und können umfangreiches Fachwissen rund um die Tür einbringen, um gemeinsam Normen klug zu setzen und damit die Qualität des Bauens weiter zu erhöhen.

Ich glaube, beim Thema Nachhaltigkeit gibt es noch Luft nach oben. Zum Beispiel, wenn es um das Energiesparen im Winter geht. Dichte Türen gehören dann zum Lösungspaket dazu.


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2016 hat die Qingdao Sophienhammer Hardware Co., Ltd. im Deutsch-Chinesischen Ökopark die Produktion aufgenommen.


Wo sehen Sie für Ihr Unternehmen künftig mehr Geschäftspotenzial: Beim Neubau oder bei der von Ihnen angesprochenen Notwendigkeit der energetischen Sanierung in Gebäuden?

Eindeutig im Neubau. Mein Eindruck ist, hier wird anders als in Deutschland bei Bauen in Kauf genommen, dass nach einer Generation eher neu gebaut wird, weil sich die Technik weiterentwickelt hat, anstatt zu sanieren. Selbstverständlich haben wir auch Produkte für die Nachrüstung. Mir scheint aber, der Wachstumstreiber bleibt auch künftig der Neubau.


Verkennen Sie da nicht die Tatsache, dass auch in China das Thema Sanierung bestehender Substanz eine zunehmende Rolle spielt? Gerade, wenn Nachhaltigkeit immer mehr in den Mittelpunkt rückt.

Vielleicht müssen wir das etwas feiner unterscheiden. Unser Brot- und Buttergeschäft ist die automatische Bodentürdichtung, die hier in China sehr häufig in Hotelzimmertüren zu finden ist. Ist dann nach 20 Jahren zu entscheiden, ob neue Türen eingebaut oder die alten aufgewertet werden, wird höchstwahrscheinlich für ersteres plädiert werden. Das heißt ja nicht, dass das ganze Hotel abgerissen wird. Das ist dann in der Tat kein Neubau. Für uns ist aber entscheidend, dass es eine neue Tür ist.


Neben Türdichtungssystemen stellen Sie in Ihrer Unternehmensgruppe viele andere Produkte her. Können Sie sich vorstellen, Ihr Chinageschäft entsprechend auszuweiten?

Wir konzentrieren uns hier ganz auf die Tür. In diesem Bereich werden wir unser Sortiment schrittweise erweitern und möglicherweise auch neue Produkte anbieten, die wir in Deutschland nicht verkaufen. Ich hatte den Schallschutz erwähnt, der hier noch nicht die große Rolle spielt. Eine zunehmende Bedeutung hat aber der Brandschutz. Gerade weil hier sehr hoch gebaut wird, sind die Fluchtwege komplizierter, weshalb im Brandschutz Innovation gefragt ist. Ich könnte mir gut vorstellen, in diesem Bereich noch mehr anzubieten.

Ich will allerdings auch nicht ausschließen, dass wir beispielsweise mit unseren Geländer- oder Personenleitsystemen eines Tages nicht auch nach China gehen. Ob die Produktion dann hier oder an einem anderen Standort angesiedelt wird, das werden wir sehen.

Diesen Standort zeichnet aus, dass wir von hieraus unser Asiengeschäft gut aufbauen können. Denn wir denken nicht nur an China, wir denken an Asien. Deshalb haben wir in den vergangenen zwölf Monaten Vertriebsbüros in Asien aufgebaut – Shanghai, Hongkong, Singapur, Mumbai, Dubai –, die zum großen Teil aus dem Qingdaoer Werk beliefert werden.


Welchen Anteil hat der chinesische, welchen der asiatische Markt?

Unser Absatz in China ist in den vergangenen Jahren sehr deutlich gewachsen. Er macht etwas mehr als die Hälfte des Absatzes aus. 15 Prozent unserer Produktion werden derzeit in anderen asiatischen Märkten verkauft, 35 Prozent in Europa. Ich gehe aber davon aus, dass der Vertrieb über Hongkong, Singapur und Mumbai deutlich zulegen wird. Die Niederlassungen dort wurden ja erst kürzlich gegründet.


Und wie sehen Sie die Perspektive im chinesischen Markt?

Ich denke, es wird noch einige Zeit vergehen, ehe sich eine von hoher Qualität getriebene Türenkultur durchsetzt. Das Potenzial ist aber riesig. Soweit ich weiß werden in China jährlich zig Millionen Türen verbaut. Zum größten Teil im Neubau. Wenn davon nur bei einem kleinen Teil höhere technische Anforderungen erfüllt werden, haben wir einen gewaltigen Markt.


Haben Sie dabei ausschließlich die großen Developer als Kunden im Blick oder sind für Sie auch private Endkunden interessant?

Unsere Kunden sind Projektentwickler und Türenhersteller. Und einige wenige spezialisierte Großhändler, die es inzwischen hier auch gibt. Denn auch wenn in China Wohnungen noch oft im Rohbau verkauft und von den einzelnen Eigentümern individuell ausgebaut werden, kaufen die Endkunden nicht Dichtungen, die wir herstellen, sondern komplette Türen. Die Türenwerke müssen auf den wachsenden Bedarf nach wertigeren Türen reagieren. Genau das ist für uns der Markt der Zukunft.

Mit Carl-Julius Cronenberg sprach Peter Tichauer



Das Interview erscheint Ende September in Ausgabe 3/2019 des Wirtschaftsmagazins "China insight".

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