Nicht nur auf die großen Metropolen schauen
Gespräch mit Toni Lautenschläger
An Qingdaoer Unternehmen gerichtet, die den europäischen Markt erschließen wollen, sagt Regensburgs Wirtschaftsamtsleiter Toni Lautenschläger, dass es sich lohne noch stärker auf kleinere Standorte zu setzen. Gut ausgebaute Netzwerke und hohe Transparenz helfen Investoren, schneller Fuß zu fassen und sichtbar zu werden. Dasselbe trifft umgekehrt auch für mittelständische Regensburger China-Neulinge zu.
@ pt
Herr Lautenschläger, vor gut einem Jahr wurde das Regensburg-Büro im Ökopark eingeweiht. Welche Bilanz ziehen Sie heute?
Wenn Sie eine Repräsentanz aufbauen, müssen Sie ein wenig Geduld aufbringen. Das Büro muss allmählich bekannt gemacht werden. Und sowohl bei uns in Regensburg als auch hier in Qingdao muss uns bewusstwerden, welche Möglichkeiten sich mit dem Büro bieten. Es war aber auf alle Fälle richtig, dieses Büro zu eröffnen.
Wir haben ja zunächst mit einer Ausstellung im Ökopark den Wirtschaftsstandort Regensburg vorgestellt. Zu unserem diesjährigen Bürgerfest, dem wichtigsten gesellschaftlichen Sommer-Event in Regensburg, war dann unser Qingdaoer Repräsentant bei uns in der Stadt, wobei er nicht nur das Potenzial Qingdaos und des Ökoparks den Regensburgern vorgestellt hat, sondern sich selbst auch mit den Möglichkeiten vertraut gemacht hat, die Regensburg in Wirtschaft und Wissenschaft bietet. Damit ist der Deutsch-Chinesische Ökopark ein wenig stärker ins Bewusstsein unserer Unternehmen gerückt und es beginnt sich allmählich eine Zusammenarbeit zu entwickeln.
Als wir anlässlich der Einweihung der Regensburg-Repräsentanz vor einem Jahr miteinander sprachen, wollten Sie keine Prognose zu konkreten Kooperationsprojekten machen. Können Sie dies heute korrigieren?
Ich bleibe bei dem, was ich vor einem Jahr gesagt habe. Wir müssen hier langfristig denken und die Zusammenarbeit schrittweise entwickeln.
Sie sagten eben, die Unternehmen in Ihrer Stadt können inzwischen mit dem Standtort Deutsch-Chinesischer Ökopark etwas anfangen. In welchen Bereichen kristallisieren sich insbesondere Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit heraus? Oder anders gefragt: Was könnte aus Ihrer Sicht das erste Leuchtturm-Projekt in der Zusammenarbeit zwischen Regensburg und Qingdao sein?
Die größten Chancen für ein erstes gemeinsames Leuchtturm-Projekt sehe ich bei der Digitalisierung. In diesem Bereich spielt im Ökopark viel Musik. Bei uns ebenso. Ich gehe davon aus, dass sich sehr bald junge, innovative Unternehmen finden werden, die eine Kooperation aufbauen.
© SGEP / Liu Xiaoyan
Ihre Repräsentanz in Qingdao soll ja nicht nur Regensburger Unternehmen für ein Engagement in Qingdao interessieren, sondern auch umgedreht Qingdaoer Unternehmen für Ihre Stadt interessieren. Was hat sich in dieser Hinsicht im vergangenen Jahr entwickelt?
Beides ist wichtig. Nach dem Besuch unserer Wirtschaftsdelegation im vergangenen Jahr laufen sehr intensive Gespräche zu möglichen Kooperationen bei Umwelttechnologien, insbesondere in der Abfallwirtschaft.
Das wäre dann aber wieder die Richtung Regensburg nach Qingdao. Wie sieht es in umgekehrter Richtung aus?
Da laufen derzeit recht konkrete Gespräche zum Thema Mobilität.
Welche konkrete Botschaft haben Sie an Qingdaoer Unternehmen?
Wenn Unternehmen aus der Stadt – da denke ich vor allem an kleine und mittlere – Interesse haben, in Europa Fuß zu fassen, dann sollten sie frühzeitig Präsenz zeigen. Gut ist es aus meiner Sicht, in eine Stadt zu gehen, in der die Themen im Mittelpunkt stehen, die auch das Unternehmen verfolgt. Die Stadt muss zum Unternehmen passen. Ist das der Fall, kann ein Unternehmen in einer kleineren oder mittelgroßen Stadt wie Regensburg schneller erfolgreich sein, weil es in ein existierendes Netzwerk ohne große Hindernisse eingebunden werden kann und so schnell sichtbar wird. Sichtbarer als in einer großen Metropole. Das sollten chinesische Investoren nutzen. Chinesische Unternehmen aus den Bereichen Autoelektronik oder Smart Mobility, in den Bereichen IT-Sicherheit und Sensorik, kurz aus allen Bereichen rund um das Thema Auto, die nach Europa expandieren wollen, sind bei uns gut aufgehoben. Das trifft auch auf Energiewirtschaft oder Biotechnologie zu. Regensburg bietet das ideale Umfeld, damit sich chinesische Unternehmen aus diesen Branchen in kurzer Zeit einen europäischen Ruf aufbauen können.
Das Problem ist, China ist groß, und chinesische Unternehmen sind auf der Suche nach großen Standorten.
Ja, mit 170.000 Einwohnern ist Regensburg aus chinesischer Sicht klein. In kleinen Städten ist aber die Transparenz höher. Das ist ein Standortvorteil. Der Größe nach liegt Regensburg in Deutschland ungefähr auf dem 50. Platz. Wir sind aber nach Wirtschaftskraft und technologischer Leistung unter den Top-Ten im Land. Chinesische Unternehmen finden bei uns alles, was sie brauchen: tolle Hochschulen und wissenschaftliche Einrichtungen, eine erstklassige Infrastruktur.
© SGEP / Liu Xiaoyan
Qingdao hat anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der VR China Partnerstädte und -regionen eingeladen und den Städten und Regionen unter anderem die Möglichkeit gegeben, sich auf einer Warenausstellung zu präsentieren. Sie sind der Einladung gefolgt. Welche Eindrücke haben Sie?
Mit der Ausstellung wollten die Qingdaoer unter anderem die Internationalität ihrer Stadt demonstrieren. Wir haben die Chance genutzt, um einerseits den Qingdaoern ganz klassische Regensburger Genussmittel vorzustellen und bayerische Gastfreundschaft zu demonstrieren mit Bier aus der Regensburger Traditionsbrauerei Bischofshof und Händlmeier-Senf, ohne den eine bayerische Weißwurst einfach nicht schmeckt. Und selbstverständlich auch mit bayerischen Brezeln. Gleichzeitig haben wir Unternehmen aus unserer Stadt vorgestellt, die in China erfolgreich tätig sind, wie zum Beispiel die Firma Krones, die Maschinenfabrik Reinhausen und unsere Big Player Infineon und BMW. Wir wollten zeigen, dass wir in Bayern beides können: Technologie und Lebensart.
Um auf Ihre erste Frage zurückzukommen: Im Vorfeld der Ausstellung hat sich gezeigt, dass es gut ist, das Büro im Ökopark zu haben. Die Kollegen haben uns sowohl bei der Vorbereitung des Materials als auch beim Aufbau und der Gestaltung des Standes sehr effizient unterstützt.
Mit Toni Lautenschläger sprach Peter Tichauer
Der Artikel erscheint in Ausgabe 4/2019 von "China Insight"